Formulierung verändert
| Antrag: | Tax the West statt Frust für den Rest! |
|---|---|
| Antragsteller*in: | Miriam Averbeck, Nikolaus Fritzsche, Lina Kornmüller |
| Status: | Angenommen |
| Angelegt: | 12.11.2025, 15:26 |
| Antrag: | Tax the West statt Frust für den Rest! |
|---|---|
| Antragsteller*in: | Miriam Averbeck, Nikolaus Fritzsche, Lina Kornmüller |
| Status: | Angenommen |
| Angelegt: | 12.11.2025, 15:26 |
„Tax the West statt Frust für den Rest!“
Ungleichheiten und deren Verhetzung von Rechts gibt es nicht erst seit gestern. Trotzdem sindstehen große Teile der Politik, was Antworten angeht, völlig blank da. Nach 15 Jahren kommt die CDU auf die Idee, die AfD inhaltlich stellen zu wollen. Auf
35 Jahre nach der Wiedervereinigung ist die Republik noch immer von
strukturellen Ungleichheiten geprägt. Diese Unterschiede orientieren sich noch
immer an der ehemaligen Grenze zwischen DDR und BRD. Schuld daran ist auch ein
vermasselter Transformationsprozess, bei dem ostdeutsche Perspektiven und
Bedürfnisse ignoriert wurden. Statt auf Augenhöhe auszuhandeln, wie dieser neue
gemeinsame Staat aussehen soll, wurde dem Osten das System der BRD übergestülpt.
Fortschrittliche Aspekte, wie z.B. beim Abtreibungsrecht, bei der
Kinderbetreuung oder bei der Festschreibung von sozialen Grundrechten, wurden
nicht berücksichtigt.
Mit Elitenimporten aus Westdeutschland wurde der Osten nach neoliberalen
Vorstellungen und ohne Rücksicht auf die Strukturen vor Ort privatisiert und
ausverkauft. Mit hohen Kosten für die Menschen im Osten: Jobverlust und
Statusverlust, reduzierte Frührente und Aberkennung von Abschlüssen.
Die Folgen sind bis heute deutlich spürbar. Ostdeutschland ist im Vergleich zum
ehemaligen Westen überproportional von Abwanderung betroffen. Fehlende
Infrastruktur, medizinische Versorgung oder ein mangelnder Zugang zu kulturellen
Angeboten sind knallharte Realität. Bis heute wohnen Ostdeutsche bei Wessis zur
Miete.
Mit Überalterung, ohne Konzepte für die Jugend im ländlichen Raum und immer
präsenterer rechter Politik ist der Osten gerade für junge Menschen oft nicht
attraktiv, was zu weiterer Abwanderung führt.
Seit der Wende finden ostdeutsche Biographien kaum politisches Gehör. Ganz im
Gegenteil! In der aktuellen Bundesregierung gibt es gerade mal drei ostdeutsch
sozialisierte Minister*innen, die Quote bei Leitungsposten in Justiz und
Wirtschaft ist mit gerade einmal 2-4% noch viel geringer.
Es hat sich eine gewisse politische Resignation breit gemacht. Eine Resignation,
die sich durch das Gefühl des „Vergessen-Worden-Seins“ und das Ignorieren
ostdeutscher Perspektiven sowie grundsätzlicher Gerechtigkeitsfragen eingestellt
hat. Diese Resignation wird von der AfD ausgenutzt. Mithilfe von
Heimatsidentität und falscher Nostalgie, nach Zeiten die es nie gab, heizt sie
die Angst vor Statusverlust an und beansprucht die Deutungshoheit über den Osten
für sich. Sie schüren rassistische Feindbilder und einen identitären Kult, der
Frust gegen marginalisierte Gruppen richtet, statt sich komplexen sozialen
Problemen zu stellen und echte Lösungen anzubieten. So wird über Zugehörigkeit
auf dem Rücken von Ausgrenzung, Hass und Hetze falsche Solidarität geheuchelt,
die aber nie praktisch wird. Das Ziel der Rechten war nie Gerechtigkeit, sondern
Machtergreifung und ein autoritärer Staatsumbau.
Ungleichheiten und deren Verhetzung von Rechts gibt es nicht erst seit gestern.
Trotzdem sindstehen große Teile der Politik, was Antworten angeht, völlig blank da. Nach
15 Jahren kommt die CDU auf die Idee, die AfD inhaltlich stellen zu wollen. Auf
kommunaler Ebene gibt es schon lange keine Brandmauer mehr und auch auf Landes-
und Bundesebene ist sie instabiler als die Carolabrücke in Dresden. Statt
Lösungen auf soziale Fragen, Repräsentationslücken, fehlende Infrastruktur,
Abwanderung und Strukturschwäche zu erarbeiten, wird die identitäre Masche von
rechts kopiert und nach unten und gegen marginalisierte Gruppen getreten.
Mit brutalem Durchgreifen, wie Grenzschließungen, wird Handlungsfähigkeit
vorgespielt, die in einer globalisierten Welt nicht existiert. Diese Politik
kann nur zu weiterer Enttäuschung führen, weil das Ziel der Abschottung und
Ausgrenzung in sich unmenschlich und faschistisch ist. Die Konservativen
(inklusive SPD) schaffen selbst die Grundlage, von Rechtsaußen ersetzt zu werden
und dabei die ganze Gesellschaft mit in den Untergang zu reißen, indem sie die
Abwärtsspirale von Hass und Hetze weiter füttern. Rechtes Gedankengut wird
weiter normalisiert, ohne an den Ursachen von Frustration und Misstrauen
irgendetwas zu verändern.
Auch die Kürzungspolitik auf Bundes- und Landesebene gießt dabei weiter Öl ins
Feuer! Statt Perspektiven zu schaffen, werden erfolgreiche Programme für Kultur,
Natur und Demokratie zusammengestrichen und Existenzen gefährdet. Menschen und
Regionen werden Chancen genommen, sich weiterzuentwickeln und dem Frust
Lebensqualität und Hoffnung entgegenzusetzen. Gemeinsame Projekte, die
Selbstwirksamkeit und Austausch fördern, werden aus ideologischen Gründen
beerdigt. Der Mindestlohn wird trotz großer Ankündigungen weiter von der
Mindestlohnkommission gesetzt und reicht auch nach Erhöhung nicht aus, um ein
würdiges Leben zu finanzieren. Gerade für die vielen Beschäftigten in
Ostdeutschlands Niedriglohnsektor ist das ein weiteres gebrochenes Versprechen!
Und nicht zuletzt die Sozialstaatsreformen auf Bundesebene sind brutale,
populistische Symbolpolitik, die kürzen, wo es nichts zu kürzen gibt und
Menschen in der Perspektivlosigkeit mit Sanktionen droht. Statt in einer
verunsichernden Zeit Sicherheit zu geben, wird öffentlich vermittelt: Wenn es
dir am schlechtesten geht, hast du von der Gesellschaft gar nichts zu erwarten!
Nachtreten statt Halt geben – get wrecked statt Respekt. Wie wenig kann man aus
der ostdeutschen Transformation gelernt haben?
Auch hier ist der Osten wieder einmal besonders betroffen. Ohne Tarifbindungen
sind viele Ostdeutsche vulnerabler. Insgesamt sind in Ostdeutschland mehr
Menschen von Sozialleistungen abhängig und direkt von Kürzungen betroffen. Ohne
Vermögen gibt es keine Rücklagen, die vor Härten schützen. Die Politik der
aktuellen Regierung ist staatlich organisierte Entsolidarisierung von einem
sowieso schon menschenunwürdigen Ausgangsniveau durch das viel zu niedrige
Bürgergeld. Diese Entsolidarisierung des Staates in Krisenzeiten ist dabei
gelebtes und geerbtes Trauma in Ostdeutschland, das weiter vertieft wird. Am
Ende dieses Prozesses stehen weiteres Misstrauen in die Politik,
Perspektivlosigkeit und eine eigene Entsolidarisierung der Menschen als Reaktion
auf die gesellschaftlichen Umstände, die sie erleben.
Aber das ist kein Naturgesetz…
…denn viele in Ostdeutschland treten dieser Politik entgegen. In Bündnissen
gegen Rechts, Kulturvereinen und Kollektiven, in Gewerkschaften, in politischen
Jugendverbänden, auf CSDs und demokratischen Dorffesten gestalten wir den Osten
statt zu spalten. Wir alle sind der „Andere Osten“, der als Antwort auf
Strukturwandel, Abwanderung, Klassismus und Rassismus demokratische Perspektiven
bietet. Uns geht es darum, Ungerechtigkeit abzuschaffen, nicht darum, sie
auszuschlachten. Wir enttarnen die identitäre Masche, statt einzustimmen: Die
Antwort auf Frust und Enttäuschung ist Selbstwirksamkeit und Solidarität.
Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen. Von stilisierten Kulturkämpfen
und gegenseitigem „Nach-Unten-Treten“ profitieren nur die, die
Verteilungsdebatten verhindern wollen. Wir wollen nicht nur gleichwertige
Lebensverhältnisse, wir wollen ein gutes Leben für alle! Wir wollen blühende
Landschaften statt Blumensträußen auf Festakten! Wir wollen Landkreise, in denen
Jugend nicht Abhängigkeit bedeutet sowie Dörfer, in denen Kultur nicht nur auf
Streamingdiensten läuft. Wir wollen Sozialarbeit an Schulen, Kitas die nicht
marode sind und Mitbestimmung überall! Wir wollen ein sicheres Klima und
ertragbare Sommer in den Städten. Wir wollen Orte, die alle Willkommen heißen
und unabhängig von Gender, Herkunft, Hautfarbe, Behinderung ein Safe Space sind.
Wir fordern gerechten Lohn, gerechte Rente und Vermögensumverteilung!
Milliardär*innen sind eine Gefährdung für die Demokratie und die wenigsten
Villen stehen in der Uckermark oder am Thüringer Meer. „Tax the Rich!“ heißt
auch: „Tax the West!“
Rechtsrutsch ist kein Naturgesetz und Ostdeutschland hat schon einmal gezeigt,
dass es anders kann, als alle erwarten. Die Friedliche Revolution war ein Moment
der Befreiung – ein Moment der Solidarität im Widerstand, auf die Straße zu
gehen, ohne den Ausgang zu kennen. Sie war ein Moment der Selbstwirksamkeit, der
zeigt: Selbst eine Diktatur kann abgeschafft werden. Soziale Veränderung kann
schnell gehen und ihr Ausgang liegt an uns. Es ist keine Zeit für
Schwarzmalerei.
Nichts ist verloren und wir können so viel gewinnen!
Deshalb fordern wir auch innerverbandlich mehr Solidarität sowie finanzielle und
organisatorische Unterstützung von strukturstarken Westverbänden. Es braucht
mehr Bildungsarbeit zu Ost-West-Unterschieden, auch um Ostperspektiven zu
stärken. Unsere Situation muss bei Diskussionen immer mitgedacht werden, ohne
dass wir ständig sagen müssen „aber der Osten“!
Wir setzen uns für das Landtagswahljahr 2026 als Ziel, die ostdeutschen
Bundesländer, also Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, aktiv zu
unterstützen. Konkret bedeutet das für uns zum einen Support auf Social Media.
Außerdem planen wir im Sommer eine Wahlkampftour nach Sachsen-Anhalt. Dort
wollen wir tatkräftig personelle und organisatorische Unterstützung leisten.
Von der Landes- und Bundespolitik fordern wir:
Formulierung verändert