| Antrag: | Tax the West statt Frust für den Rest! |
|---|---|
| Antragsteller*in: | Miriam Averbeck, Nikolaus Fritzsche, Lina Kornmüller (KV Jena) |
| Status: | Geprüft |
| Angelegt: | 16.11.2025, 09:40 |
Ä3 zu A4NEU: Tax the West statt Frust für den Rest!
Von Zeile 55 bis 60:
existiert. Diese Politik kann nur zu weiterer Enttäuschung führen, weil das Ziel der Abschottung und Ausgrenzung in sich unmenschlich und faschistisch ist. Die Konservativen (inklusive SPD) schaffen selbst die Grundlage, von Rechtsaußen ersetzt zu werden und dabei die ganze Gesellschaft mit in den Untergang zu reißen, indem sie die Abwärtsspirale von Hass und Hetze weiter füttern.Konservative in allen Parteien schaffen selbst die Grundlage, von Rechtsaußen ersetzt zu werden und gefährden dadurch mit immer mehr Hass und Hetze unsere Demokratie. Rechtes Gedankengut wird weiter normalisiert, ohne an den Ursachen von Frustration und
Tax the West statt Frust für den Rest!
35 Jahre Ungleichheit
Als mit dem 3. Oktober 1990 die DDR im Zuge der Wiedervereinigung endete, waren
weitreichende Veränderungen und Umstrukturierungen für die Menschen vor Ort noch
lange auf der Tagesordnung. Bei der freien Volkskammerwahl 1990 hatte eine
Mehrheit der DDR-Bürger*innen für die Versprechungen einer zeitnahen
Wiedervereinigung gestimmt. Im anschließenden Prozess stärkte diese
Grundsatzentscheidung die Position der alten Bundesrepublik und führte zu teils
sehr ungleichen Verhandlungen. Die anschließende Transformation war ähnlich
stark vom Bonner Machtzentren bestimmt. Nicht selten stellte sich Frustration,
gefüttert von weitreichenden Privatisierungen, massiven Jobverlusten und
mangelnder Mitbestimmung, im Transformationsprozess ein. Die hohe
Arbeitslosigkeit führte bei Betroffenen nicht nur zu finanziellem Verlust,
sondern häufig auch zu Statusverlust, mangelndem Selbstwert und schwindendem
Zugehörigkeitsgefühl. Mit Elitenimporten aus Westdeutschland wurde der Osten
nach neoliberalen Vorstellungen mit wenig Rücksicht auf die Strukturen vor Ort
umgebaut/umstrukturiert.
35 Jahre nach der Wiedervereinigung bestehen weiterhin erhebliche strukturelle
Ungleichheiten zwischen Ost- und Westdeutschland. Fehlende Infrastruktur,
medizinische Versorgung, mangelnder Zugang zu kulturellen Angeboten sind
knallharte Realität in Ostdeutschland. Mit Überalterung, ohne Konzepte für die
Jugend im ländlichen Raum und immer präsenterer rechter Politik ist der Osten
gerade für junge Menschen oft nicht attraktiv, was zu weiterer Abwanderung
führt. Ostdeutsche Biographien sind sowohl in politischen Ämtern, als auch in
Führungspositionen allgemein unterrepräsentiert und Aufstiegshindernisse wirken
weiterhin. Auch die Firmensitze von DAX-Unternehmen sind in Ostdeutschland nicht
zu finden.
Bis heute verdienen Ostdeutsche durchschnittlich weniger Geld, haben eine
geringere Rente, weniger Vermögen und wohnen häufig bei “Wessis” zur Miete.
Es hat sich eine gewisse politische Resignation breit gemacht. Eine Resignation,
die sich durch das Gefühl des „Vergessen-Worden-Seins“ und das Ignorieren
ostdeutscher Perspektiven sowie grundsätzlicher Gerechtigkeitsfragen eingestellt
hat. Diese Resignation wird von der AfD ausgenutzt. Mithilfe von
Heimatsidentität und falscher Nostalgie, nach Zeiten die es nie gab, heizt sie
die Angst vor Statusverlust an und beansprucht die Deutungshoheit über den Osten
für sich. Sie schüren rassistische Feindbilder und einen identitären Kult, der
bestehenden Frust ausnutzt und als Hass gegen marginalisierte Gruppen richtet,
statt sich komplexen sozialen Problemen zu stellen und echte Lösungen
anzubieten. So wird durch Ausgrenzung, Hass und Hetze falsche Solidarität
versprochen. Das Ziel der Rechten war nie Gerechtigkeit, sondern Machtergreifung
und ein autoritärer Staatsumbau.
Populismus statt gerechte Politik: Rechtsrutsch made by
"Mitte"
Ungleichheiten und deren Ausschlachtung von Rechts gibt es nicht erst seit
gestern. Trotzdem stehen große Teile der Politik, was Antworten angeht, völlig
blank da. Nach 15 Jahren kommt die CDU auf die Idee, die AfD inhaltlich stellen
zu wollen. Auf kommunaler Ebene gibt es schon lange keine Brandmauer mehr und
auch auf Landes- und Bundesebene ist sie instabiler als die Carolabrücke in
Dresden. Statt Lösungen auf soziale Fragen, Repräsentationslücken, fehlende
Infrastruktur, Abwanderung und Strukturschwäche zu erarbeiten, wird die
identitäre Masche von rechts kopiert und nach unten und gegen marginalisierte
Gruppen getreten.
Mit brutalem Durchgreifen, wie rechtswidrigen Grenzschließungen, wird nationale
Handlungsfähigkeit vorgespielt, die in einer globalisierten Welt so nicht
existiert. Diese Politik kann nur zu weiterer Enttäuschung führen, weil das Ziel
der Abschottung und Ausgrenzung in sich unmenschlich und faschistisch ist. Die Konservative in allen Parteien schaffen selbst die Grundlage, von Rechtsaußen ersetzt zu werden und gefährden dadurch mit immer mehr Hass und Hetze unsere Demokratie. Rechtes
Konservativen (inklusive SPD) schaffen selbst die Grundlage, von Rechtsaußen
ersetzt zu werden und dabei die ganze Gesellschaft mit in den Untergang zu
reißen, indem sie die Abwärtsspirale von Hass und Hetze weiter füttern.
Gedankengut wird weiter normalisiert, ohne an den Ursachen von Frustration und
Misstrauen irgendetwas zu verändern.
Auch die Kürzungspolitik auf Bundes- und Landesebene gießt dabei weiter Öl ins
Feuer! Statt Perspektiven zu schaffen, werden erfolgreiche Programme für Kultur,
Natur und Demokratie zusammengestrichen und Existenzen gefährdet. Menschen und
Regionen werden Chancen genommen, sich weiterzuentwickeln und dem Frust
Lebensqualität und Hoffnung entgegenzusetzen. Gemeinsame Projekte, die
Selbstwirksamkeit und Austausch fördern, werden aus ideologischen Gründen
beerdigt. Der Mindestlohn wird trotz großer Ankündigungen weiter von der
Mindestlohnkommission gesetzt und reicht auch nach Erhöhung nicht aus, um ein
würdiges Leben zu finanzieren. Gerade für die vielen Beschäftigten in
Ostdeutschlands Niedriglohnsektor ist das ein weiteres gebrochenes Versprechen!
Und nicht zuletzt die Sozialstaatsreformen auf Bundesebene sind brutale,
populistische Symbolpolitik, die kürzen, wo es nichts zu kürzen gibt und
Menschen in der Perspektivlosigkeit mit Sanktionen droht. Statt in einer
verunsichernden Zeit Sicherheit zu geben, wird öffentlich vermittelt: Wenn es
dir am schlechtesten geht, hast du von der Gesellschaft gar nichts zu erwarten!
Nachtreten statt Halt geben – get wrecked statt Respekt. Wie wenig kann man aus
der ostdeutschen Transformation gelernt haben?
Auch hier ist der Osten wieder einmal besonders betroffen.Menschen ohne
Tarifbindung sind besonders verletzlich. Diese Tarifbindung ist im Osten
geringer als im Westen. Insgesamt sind in Ostdeutschland mehr Menschen von
Sozialleistungen abhängig und direkt von Kürzungen betroffen. Ohne Vermögen gibt
es keine Rücklagen, die vor Härten schützen. Die Politik der aktuellen
Bundesregierung ist staatlich organisierte Entsolidarisierung von einem sowieso
schon menschenunwürdigen Ausgangsniveau durch das viel zu niedrige Bürgergeld.
Diese Entsolidarisierung des Staates in Krisenzeiten ist dabei gelebtes und
geerbtes Trauma in Ostdeutschland, das weiter vertieft wird. Am Ende dieses
Prozesses stehen weiteres Misstrauen in die Politik, Perspektivlosigkeit und
eine eigene Entsolidarisierung der Menschen als Reaktion auf die
gesellschaftlichen Umstände, die sie erleben.
Aber das ist kein Naturgesetz…
Wir sind der Andere Osten!
…denn viele in Ostdeutschland treten dieser Politik entgegen. In Bündnissen
gegen Rechts, Kulturvereinen und Kollektiven, in Gewerkschaften, in politischen
Jugendverbänden, auf CSDs und demokratischen Dorffesten gestalten wir den Osten
statt zu spalten. Wir alle sind der „Andere Osten“, der als Antwort auf
Strukturwandel, Abwanderung, Klassismus und Rassismus demokratische Perspektiven
bietet. Uns geht es darum, Ungerechtigkeit abzuschaffen, nicht darum, sie
auszuschlachten. Wir enttarnen die identitäre Masche, statt einzustimmen: Die
Antwort auf Frust und Enttäuschung ist Selbstwirksamkeit und Solidarität.
Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen. Von stilisierten Kulturkämpfen
und gegenseitigem „Nach-Unten-Treten“ profitieren nur die, die
Verteilungsdebatten verhindern wollen. Wir wollen nicht nur gleichwertige
Lebensverhältnisse, wir wollen ein gutes Leben für alle! Wir wollen blühende
Landschaften statt Blumensträußen auf Festakten! Wir wollen Landkreise, in denen
Jugend nicht Abhängigkeit bedeutet sowie Dörfer, in denen Kultur nicht nur auf
Streamingdiensten läuft. Wir wollen Schulsozialarbeit, Kitas die nicht marode
sind und Mitbestimmung überall! Wir wollen ein stabiles Klima und ertragbare
Sommer in den Städten. Wir wollen Orte, die alle Willkommen heißen und
unabhängig von Gender, Herkunft, Hautfarbe und Behinderung ein Safe Space sind.
Wir fordern gerechten Lohn, gerechte Rente und Vermögensumverteilung!
Milliardär*innen sind eine Gefährdung für die Demokratie und die wenigsten
Villen stehen in der Uckermark oder am Thüringer Meer. „Tax the Rich!“ heißt
auch: „Tax the West!“
Rechtsrutsch ist kein Naturgesetz und Ostdeutschland hat schon einmal gezeigt,
dass es anders kann, als alle erwarten. Die Friedliche Revolution war ein Moment
der Befreiung – ein Moment der Solidarität im Widerstand, auf die Straße zu
gehen, ohne den Ausgang zu kennen. Sie war ein Moment der Selbstwirksamkeit, der
zeigt: Selbst eine Diktatur kann abgeschafft werden. Soziale Veränderung kann
schnell gehen und ihr Ausgang liegt an uns. Es ist keine Zeit für
Schwarzmalerei.
Nichts ist verloren und wir können so viel gewinnen!
Forderungen
Deshalb fordern wir auch innerverbandlich mehr Solidarität sowie finanzielle und
organisatorische Unterstützung von strukturstarken Westverbänden. Es braucht
mehr Bildungsarbeit zu Ost-West-Unterschieden, auch um Ostperspektiven zu
stärken. Unsere Situation muss bei Diskussionen immer mitgedacht werden, ohne
dass wir ständig sagen müssen „aber der Osten“!
Wir setzen uns für das Landtagswahljahr 2026 als Ziel, die ostdeutschen
Bundesländer, also Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, aktiv zu
unterstützen. Konkret bedeutet das für uns zum einen Support auf Social Media.
Außerdem planen wir im Sommer Wahlkampfbesuche nach Sachsen-Anhalt. Dort wollen
wir tatkräftig personelle und organisatorische Unterstützung leisten. Das ist
für uns gelebte Solidarität.
Von der Landes- und Bundespolitik fordern wir:
- Rückführung privatisierter Wohnungen in öffentliche oder
genossenschaftliche Trägerschaft sowie klimafreundlichen und sozialen
Neubau. Die Kommunen müssen sich mit Unterstützung von Land und Bund
bemühen, die in den 1990er Jahren privatisierten Wohnungen in öffentliche
oder genossenschaftliche Hand zu überführen. Dazu können staatliche
Kredite bereitgestellt und durch Mietzahlungen zurückgezahlt werden.
- Mehr Unterstützung für Studierende und Studienanfänger*innen in
Ostdeutschland. Ostdeutsch sozialisierte Studierende sind in den großen
Begabtenförderwerken unterrepräsentiert. Viele Studis aus Ostdeutschland
kommen zudem aus einer Arbeiter*innenfamilie und erfahren zusätzliche
strukturelle Nachteile. Die Förderung durch eine Studienstiftung bietet
Studierenden und Schüler*innen finanzielle Förderung, stärkt regionale und
überregionale Netzwerke, bindet Fachkräfte in Ostdeutschland und fördert
Chancengleichheit. Zudem ermöglicht ein Stipendium Bildungsangebote und
den Aufbau eigener Projekte und bspw. Genossenschaften. Wir fordern die
Begabtenförderwerke auf, ostdeutsch sozialisierte Studierende gezielter
anzusprechen und ihre Strukturen in ostdeutschen Bundesländern auszubauen.
Außerdem fordern wir die Gründung einer Ostdeutschen Studienstiftung, die
gezielt Strukturen vor Ort aufbauen und zielgruppengerecht werben kann,
sowie einen Sonderfond Jung & Ost für die Förderung der Bildungschancen
von Jugendlichen in Ostdeutschland.
- Höhere Erbschaftssteuer und Bekämpfung der Vermeidung- Gewinne aus einer
höheren Erbschaftssteuer müssen genutzt werden, um Ungleichheiten zwischen
Ost- und Westdeutschland bei der Vermögensbildung abzubauen. Auch die
aktive Umgehung der Erbschaftssteuer durch Vermögende muss besser bekämpft
werden. Steuerschlupflöcher müssen gesetzlich geschlossen und die dadurch
gewonnen Gelder für einen Ausgleich zwischen Ost und West genutzt werden.
Wir fordern die Einführung eines hoch angesetzten Grunderbes.
- Ausbau und finanzielle Sicherheit bzw. langfristige Förderung von
Jugendzentren, Kulturhäusern, Vereinen, Initiativen und linken Freiräumen,
die sich für Demokratie, Feminismus und Antirassismus einsetzen und somit
antifaschistische Praxis leben.
- Stärkung demokratischer Bildungsangebote zur DDR-Zeit und den
Transformationsjahren in Ostdeutschland: Neben der Auseinandersetzung mit
staatlichen Repressionen und ihren Betroffenen, sollen in der Schule und
Jugendprojekten auch Alltagsrealitäten in der DDR, die Tranformationsjahre
und ihre Auswirkungen stärker betrachtet werden. Um weitere diverse
außerschulische Angebote für eine aktive Auseinandersetzung mit Geschichte
zu fördern, muss eine auskömmliche Finanzierung von Gedenk- und
Bildungsorten gesichert werden.
- Vergesellschaftung zentraler Infrastruktur (Energie, Wohnen, Bahn), um die
Fehler der neoliberalen Transformation rückgängig zu machen, aber auch in
ganz Deutschland für bezahlbare Mieten und eine soziale und demokratische
Infrastruktur zu sorgen.
- Tarifbindung stärken: Staatliche Aufträge nur an Unternehmen mit
Tarifverträgen. Wir fordern die Tarifangleichung Ost/West, sodass es hier
keine negative Sonderposition des Ostens mehr gibt.
- Gerechte Strukturpolitik: ländliche Räume stärken, Gesundheitsversorgung
vor Ort ermöglichen, gezielte Finanzierung von Kulturorten,
Begegnungsorten und zivilgesellschaftlichen Projekten, Ausbau vom
öffentlichen Nahverkehr und Radverkehrsinfrastruktur für mehr
Unabhängigkeit für Jugendliche.
- Förderprogramme für strukturschwache Regionen, die insbesondere durch die
Treuhand-Privatisierungen besonders geschädigt wurden.
- Statusgarantie für Beschäftigte von erneuter Transformation betroffener
Industrien. Alle Beschäftigten dieser Industrien sollen neue Jobs mit
vergleichbaren Tarifbedingungen erhalten durch einen Tarifspiegel
Energiewende.
- Massiver Ausbau erneuerbarer Energien - Unterstützung durch Land und
Kommune zur Einrichtung von Energiegenossenschaften. Gewinnbeteiligung der
Kommunen und Bürger*innen vor Ort.
- Antifaschistische Erinnerungspolitik der Nachwendejahre: Offizielle
Anerkennung der Opfer rechter Gewalt durch die Bundesregierung, Gedenktage
und Aufklärungsarbeit
